Treu Reetz immerdar

    
    
    
    
    
    

Bei der Schaffung von Familienwappen wurde in der Frühzeit keine Begründungen für die Wahl der Farben und der Figuren schriftlich festgehalten. Hingegen gibt es schon alte allgemeine Deutungen, die bei der Schaffung neuer Wappen eine Rolle gespielt haben könnten. Im 20. Jahrhundert hat der Dresdner Wappenmaler Paul Gründel solche Deutungen zusammengetragen und 1907 in Buchform veröffentlicht. Daraus zitieren wir interessehalber:

Mond

Der Mond ist das Sinnbild der Veränderlichkeit, aber auch das Zeichen hoher Begnadung und ernster wissenschaftlicher Ziele; schon die 100 Ratsherren des Romulus trugen einen Mond auf ihren Schuhen, zum Zeichen, daß sie alles, was unter dem Mond ist, als irdisch und eitel mit Füßen treten.

Einen Halbmond nahmen auch die Byzantiner in ihr Wappen auf, weil im Jahre 340 v. Chr., als König Philipp von Makedonien (Vater von Alexander des Großen) in dunkler Nacht Byzanz stürmen wollte, die plötzlich aus den Wolken getretene Mondsichel den Wächtern die Gefahr verriet.

Erwähnung finde hierbei eine wenig bekannte grönländische Sage über die Entstehung der Mondflecken: sie sollen daher rühren, daß die 'Schwester' Sonne ihrem sie verfolgenden 'Bruder' Mond mit rußigen Händen über das Gesicht fuhr.

Sterne

Die Sterne verkünden Glück, Heil und hellstrahlenden Ruhm 'wegen sonderbarer Wohltat'; sie sind aber gemeinhin Zeichen edler Gesinnung (vgl. Shakespeare, König Lear, 4. Auszug, 3. Szene: Die Sterne bilden unsere Sinnesart).

In der Anschauung als Polarstern, wie bei der Familie Tavora, spielt er auf das Kammerherrenamt an, welches dem damit Betrauten die Pflicht auferlegt, beim Aufstehen wie Schlafengehen des Monarchen gegenwärtig zu sein.

Vor allem klingen bei den Sternen als Wappenbilder auch astrologische Momente mit, da das 14. und 15. Jahrhundert die uralte Sterndeutekunst der chaldäischen und medischen Magier nicht nur wieder zu Ehren, sondern sogar zu einem ungeahnten Glanze brachte, für den die Allmacht der Hofastrologen bezeichnend ist, bis ihr die Entdeckungen von Kopernikus und Galilei den Todesstoß versetzten.

Stier

Der Stier hat die Deutung der Stärke und Dienstbarkeit; er ist das uralte Opfertier der Griechen und Römer, diesen besonders für ihren Kriegsgott Mars, wenn sie durch Kriegslist den Sieg erlangt hatten.

Der Ochsenkopf bedeutet eine 'Stärke', die mit Verstand zu Werke gebracht wird'. (Das Stierhaupt im mecklenburgischen Wappen leitet man von Plutarchs Bericht bei Marius - Kap. 23 - her, nach welchem die Cimbern über einem ehernen Stier schwuren.)

Unter den 550 Wiedergeburten (Verkörperungen), die Buddha ertragen mußte, ehe er den Grad Heiligkeit erlangt hatte, um der Welt seine Lehre von der Erlösung zu verkündigen, nimmt auch der Stier eine hervorragende Stelle ein.

Sein Zahn (der Feuerzahn, im gleichen Sinne auch vom Drachen und Eber) bildet in Anlehnung an Wischnus dritte Verwandlung in einen Eber symbolisch das verkörperte Feuerprinzip, das weiter auch in den 'flammenden Stieren' (wo das Feuer aus Ohren und Nüstern bricht) mit der Deutung jäh auflodernden Zornes in anderer Form erscheint.

Gold

Die erste unter den Heroldsmetallfarben, wegen seiner natürlichen Eigenschaft sowohl, als auch des hellen Flammenglanzes, mit welchem es alle anderen Metalle übertrifft, bezeichnet die Trefflichkeit der Wappen in diesem Metall mit der Deutung des Verstandes, Ansehens, der Tugend und Hoheit; es vergleicht sich mit dem edlen Stein Topas.

Blau

Der Heroldsfarben zweite, von dem Himmelsblau abgesehen, bedeutet Treue, Beständigkeit und Demut; es gleicht dem Saphir, dem die Naturkundigen viel Wunderkräfte zuschreiben.